Österreich/Deuschtland
Karlheinz Böhm
Balzan Preis 2007 für Humanität, Frieden und Brüderlichkeit unter den Völkern.
Karlheinz Böhm (*1928 – †2014) hat sich in der Mitte einer höchst erfolgreichen Schauspielerkarriere entschlossen, mit seinem gewohnten Leben radikal zu brechen und sich für ein grosses humanitäres Projekt in Äthiopien zu engagieren, das er aus kleinsten Anfängen selbst aufgebaut hat. Es ist ihm gelungen, einen grossen Kreis von Menschen zu motivieren und Spenden von insgesamt rund 300’000’000 Euro zu sammeln. Damit schuf er die Grundlage für ein humanitäres Förderwerk, das den Bau von 173 Schulen, Schulwohnheimen, Berufsbildungszentren, Krankenstationen und 3 Spitälern ebenso umfasst wie landwirtschaftliche und agroökologische Projekte, den Bau von Wasserstellen, Strassen und Brücken, Aufklärungsprogramme gegen Frühverheiratung und Mädchenbeschneidung sowie Ausbildungs- und Kleinkreditprogramme zur Besserstellung der Frauen in der äthiopischen Gesellschaft. Mit allen diesen Projekten verfolgt Böhm das Prinzip “Hilfe zur Selbstentwicklung” statt blosser Wohltätigkeit.
Karlheinz Böhm ist ein grosses Beispiel dafür, was das Engagement eines Einzelnen in unserer Welt bewirken kann.
Lebenslauf
Geboren wurde Karlheinz Böhm am 16. März 1928 in Darmstadt als einziger Sohn des Dirigenten Karl Böhm und der Sängerin Thea Linhard und ist österreichischer Staatsangehöriger. Er verbrachte seine Jugend zuerst in Hamburg und dann in Dresden, bevor er sich einer Krankheit wegen von 1940 bis 1945 in der Schweiz aufhalten musste, wo er seine Schulausbildung im Schweizer Internat Lyceum Alpinum Zuoz fortsetzte. Von 1945 an mit seinen Eltern in Graz lebend, legte er dort 1947 sein Abitur ab und begann ein Philosophie- und Philologie-Studium an der Grazer Universität. Wieder durchkreuzte eine Krankheit seine Pläne und zwang ihn dieses Mal zu einem Aufenthalt in Rom, wo er die Gelegenheit nutzte, um ein Semester Kunstgeschichte zu hören.
Obwohl ihn seine Eltern schon früh im Klavierspiel ausbilden liessen, strebte er keine musikalische Karriere an, sondern folgte stattdessen seiner Liebe zur Regie-Arbeit und Schauspielerei. So reiste er 1948 kurz entschlossen nach Wien, wurde bei Karl Hartl Regieassistent und nahm dann bei Burgschauspieler Albin Skoda Schauspielunterricht. Seine ersten kleinen Filmrollen erhielt er u. a. in “Der Engel mit der Posaune” (1948) und “Haus des Lebens” (1952). 1952 gab ihm Arthur Rabenalt die Chance, sich neben Hildegard Knef und Erich von Stroheim in einer Hauptrolle zu beweisen (“Alraune”). Nach diesem Publikumserfolg wirkte er in einer Reihe von Unterhaltungsfilmen mit. Enorme Popularität erreichte er insbesondere als Kaiser Franz Joseph an der Seite von Romy Schneider in der von 1955 bis 1957 gedrehten “Sissi”-Trilogie. Einen Kontrapunkt zum Image des Sissi-Kaisers setzte er 1960 als Mark Lewis in Michael Powells Aufsehen erregendem Psychodrama “Peeping Tom” (Augen der Angst). Nach einem mehrjährigen Aufenthalt in Hollywood wandte sich Böhm Mitte der 60er Jahre wieder mehr dem Theater in Europa zu und betätigte sich dort auch auf dem Gebiet der Opernregie. So inszenierte er 1964 “Elektra” in Stuttgart, “Tosca” in Graz sowie den “Zigeunerbaron” in München und ging als “Chicken” in Tennessee Williams’ Bühnenstück “Ein Königreich auf Erden” 1971 auf Tournee. Anfang der 70er Jahre gelang ihm mit eindrucksvollen Charakterdarstellungen in den Rainer Werner Fassbinder-Produktionen “Martha” (1973), “Effi Briest” (1974), “Faustrecht der Freiheit” (1974) und “Mutter Küsters’ Fahrt zum Himmel” (1975) ein bemerkenswertes Film-Comeback. In den folgenden Jahren arbeitete Böhm u. a. als Ensemble-Mitglied des Düsseldorfer Schauspielhauses, wo er zuletzt als “König Lear” Triumphe feierte, sowie an grossen Bühnen in Hannover, Basel, Zürich, Wien und München. Dem breiten Publikum blieb er vor allem durch seine Mitwirkung in beliebten Fernsehserien wie “Ringstrassenpalais” (1980 und 1982) und “Die Laurents” (1981) ein Begriff.
In der ZDF-Sendung “Wetten, dass…?” vom 16. Mai 1981 startete der gefeierte Bühnen- und Filmstar Karlheinz Böhm seinen legendären Aufruf an die Fernsehzuschauer und gab damit seinem Leben eine entscheidende Wendung. Er wettete damals, er werde es nicht schaffen, dass “jeder dritte Zuschauer eine Mark, einen Schweizer Franken oder sieben österreichische Schillinge für Menschen in der Sahelzone spendet”. Böhm gewann die Wette, denn es gelang tatsächlich nicht. Im Oktober 1981 flog er mit immerhin rund 1,2 Millionen Schweizer Franken erstmals nach Äthiopien und gründete am 13. November 1981 die Hilfsorganisation Menschen für Menschen, die er seither persönlich leitet.
Menschen für Menschen arbeitet ausschliesslich in Äthiopien und führt dort langfristige und nachhaltige Projekte für die ländliche Bevölkerung durch. Nach dem Prinzip “Hilfe zur Selbstentwicklung” konnte so bisher Millionen Äthiopiern zu einer sicheren Zukunft verholfen werden. Mehrere Monate im Jahr koordiniert Karlheinz Böhm die Hilfe vor Ort, die restliche Zeit des Jahres verbringt er in Europa, um über die Ursachen des weltweiten Armutsproblems und die Arbeit seiner Stiftung zu informieren. Karlheinz Böhm bezieht für seinen Einsatz in einem der ärmsten Länder der Welt kein Gehalt.
Auszeichnungen für sein Engagement: Die Bundesrepublik Deutschland zeichnete ihn 2001 mit dem grossen Bundesverdienstkreuz am Bande aus. Die äthiopischen Universitäten in Jimma und Alemaya verliehen ihm 2003 zwei Ehrendoktorwürden. Der äthiopische Premierminister Meles Zenawi würdigte den Einsatz von Karlheinz Böhm im Oktober 2003 mit der Verleihung der ersten Ehrenstaatsbürgerschaft seines Landes.
Gemeinsam mit seiner äthiopischen Frau Almaz (geb. 1964), die seit 1999 Vizepräsidentin des Stiftungsrats von Menschen für Menschen Schweiz und Liechtenstein ist, hat Böhm zwei Kinder: Nicolas (geb. 12/90) und Aida (geb. 02/93).