Frankreich

Marc Fumaroli

Balzan Preis 2001 für Literaturgeschichte und -kritik ab 1500

Für seine Forschungen zur Rhetorik des sechzehnten bis achtzehnten Jahrhunderts, durch die er unser Verständnis der europäischen Kultur auf den Gebieten der Literatur, der Malerei und des Lebensstils grundlegend erneuert hat.

Marc Fumaroli (*1932–†2020), der 1932 in Marseille geboren wurde und Dozent am Collège de France sowie Mitglied der Académie française ist, ist einer der bedeutendsten Literatur- und Kulturhistoriker des 17. und 18. Jahrhunderts, über die er wichtige Grundlagenwerke geschrieben hat: L’Âge de l’éloquence (1980/1994), Héros et orateurs (1990), L’École du silence (1994) und Trois institutions littèraires (1995). Abgesehen davon, daß Fumaroli der bedeutendste Gelehrte für die Rhetorik des 17. Jahrhunderts ist, gehört er auch zu den Initiatoren der Wiederentdeckung dieses Fachgebietes für die heutige Gefühlswelt und Kultur. Er ist der Begründer und Herausgeber der monumentalen und aktuellen Histoire de la rhétorique dans l’Europe moderne (1991); und hat den Staat als „Stern, der die Kultur anführt“ und dieselbe als „moderne Religion“ kritisiert.

Marc Fumarolis Studien sind auf die europäische literarische Tradition ausgerichtet. Sie begannen mit der Geschichte der Rhetorik, deren Kenntnis er entscheidend erneuerte. Daraufhin zeigte er, wie sie als Kunst, mit Hilfe des Wortes zu gefallen, zu belehren und das Gefühl anzusprechen, Literatur und bildende Künste beeinflusste. Dabei wies er überzeugend auf die für das Schaffen der Schriftsteller und Künstler massgeblichen Quellen und Bildungsformen hin und verwies mit seinen Forschungen auf den inneren Zusammenhang der verschiedenen europäischen Strömungen mit einer „italienisierenden und romanisierenden“ Kultur, die dem 17. Jahrhundert ein grosses Repertoire an bildlichen Vorstellungen vermittelte und zugleich einen bestimmten Lebensstil erzeugte.

Marc Fumarolis Bücher, die ein und derselben Grundidee entspringen, bilden ein Gesamtwerk von beachtlichem Umfang und um so erstaunlicherem innerem Zusammenhang. Ausgangspunkt ist L’Age de l’éloquence (1980), das die „Künste des Wortes“ zur Zeit der Renaissance meisterhaft analysiert. Im Anschluss daran setzt sich sein Buch Héros et orateurs (1990) mit Pierre Corneilles Theater auseinander, während L’Ecole du silence (1994) Dokumente und Überlegungen zur Verbreitung der bildlichen Darstellung im 17. Jahrhundert – vor allem in der Malkunst Guido Renis und Nicolas Poussins – bietet. Sein Forschungsfeld weitet sich mit La Diplomatie de l’esprit (1994) auf Untersuchungen zu Autoren von Montaigne bis Charles Perrault aus. Marc Fumaroli widmet auch den Institutionen – der Konversation, der kultivierten Musse, der Akademie -, in denen sich die gebildete französische Gesellschaft in ihrer Glanzzeit selbst darstellte, grosse Aufmerksamkeit (Trois institutions littéraires, 1994). Ein grosser Wurf, Le poète et le roi. Jean de La Fontaine en son siècle (1997), beschreibt meisterhaft den Konflikt zwischen einem Freigeist und dem neuen monarchischen Absolutismus. Marc Fumarolis jüngste Werke rollen nicht nur die Krisen auf, die das kulturelle Klima zu Beginn des 18. Jahrhunderts veränderten (la querelle des anciens et des modernes): Die politischen Krisen, die zum Fall des Ancien régime führten, bilden den Hintergrund eines im Druck befindlichen Buches über Chateaubriand.

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