Italien

Maurizio Calvesi

Balzan Preis 2008 für Die Bildenden Künste ab 1700

Für seine wegweisenden Arbeiten im Bereich der modernen und zeitgenössischen Kunst, die wesentlich zum Verständnis der Entwicklung des Modernismus und des Ursprungs neuer Tendenzen in der Gegenwartskunst beigetragen haben.

Maurizio Calvesi (*1927 – †2020),  der bedeutendste Historiker der modernen Kunst in Italien, wurde 1927 in Rom geboren. 1949 schloss er sein Studium in Lettere e filosofia an der römischen Universität “La Sapienza” ab. 

Als Forscher mit starker historischer Ausrichtung und besonderem Interesse am 20. Jahrhundert begann er mit der Kunst im frühen modernen Europa, wechselte aber rasch zur Kunst des 19. Jahrhunderts und zur zeitgenössischen Kunst. Als Historiker machte er sich einen Namen durch seine 1980 und 1996 erschienenen Studien über Il sogno di Polifilo von Francesco Colonna.

Im Laufe seiner brillanten Karriere war er Kurator von Museen und Dozent für Kunstgeschichte und Kunstkritik. Er war zuerst Generaldirektor der Kunstmuseen von Bologna und der westlichen Emilia, dann Direktor der Pinakothek von Ferrara und anschliessend in Rom Direktor der Galleria nazionale d’arte moderna e contemporanea (Nationalgalerie für moderne und zeitgenössische Kunst). Er unterrichtete an verschiedenen Universitäten und war zuletzt Inhaber des Lehrstuhls für Storia dell’arte moderna (Geschichte der modernen Kunst) an der Universität La Sapienza, wo er viele Jahre lang das Museo-laboratorio per l’arte contemporanea (Museum-Laboratorium für zeitgenössische Kunst) leitete. Er war Vizepräsident und dann Präsident des Comitato per i beni artistici e storici (Beirat für künstlerischen und historischen Wertbesitz) des Consiglio nazionale per i beni culturali (Nationales Institut für Kulturgüter). Er ist ein namhafter Kunstkritiker und Herausgeber verschiedener kunstwissenschaftlicher Zeitschriften.

Maurizio Calvesis bedeutendste Arbeiten sind seine Studien über die Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts. 1985 veröffentlichte er als Co-Autor das Werk Storia dell’arte contemporanea, in dem die Tendenzen der europäischen und italienischen Kunst von 1960 bis Ende der 80er Jahre analysiert werden. Von besonderer Bedeutung war die Herausgabe von wichtigen Kapiteln des massgeblichen Werkes Novecento. Arte e Storia in Italia (2000), eines Katalogs, der nicht allein die Werke dokumentiert, sondern den Grundstein legt für die Forschung über die Entstehung der späten modernen und zeitgenössischen Kunst in Italien.

Das bis 2001 wiederholt veröffentlichte Werk Le due avanguardie. Dal Futurismo alla Pop Art (1996) gilt als die wichtigste Anthologie der Kunsttheorie für die Bewegungen des Futurismus von seinen Anfängen bis zum so genannten Futurismus der zeitgenössischen Kunst. Maurizio Calvesi hat auch einen bedeutenden Beitrag zum Studium der Pittura metafisica, des Dadaismus und des Surrealismus geleistet. Sein Essay Storia della seduzione (1999), der den Ursprüngen der zeitgenössischen Kunst seit der Epoche der Aufklärung nachging, bildete die Grundlage der Ausstellung Da Boucher a Warhol.

Maurizio Calvesi ist eine Schlüsselfigur für die Erforschung der italienischen zeitgenössischen Kunst und ihrer internationalen Ausstrahlung und kann als Wegbereiter eines neuen Verständnisses der modernen und zeitgenössischen Kunst Italiens bezeichnet werden.

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