Schweiz
Pierre Lalive d’Epinay
Balzan Preis 1990 für Internationales Privatrecht
Pierre Lalive d’Epinay (1923 – 2014) hat sich in seiner Heimat und auf internationaler Ebene nicht nur dank seinem Unterricht und seinen wissenschaftlichen Werken, sondern auch durch seine Bemühungen ausgezeichnet, das internationale Privatrecht in einem Zeitpunkt weiterzuentwickeln und durchzusetzen, in dem die Beziehungen zwischen Staaten und Gesellschaften grundlegenden Wandlungen unterworfen sind. Er hat sich in seiner Arbeit nicht auf Feststellungen, Erklärungen und Kommentare beschränkt. Seine Wissbegierde und sein Empfindungsvermögen für die Dynamik des Wandels haben ihn zum bahnbrechenden Juristen werden lassen; sein wissenschaftliches Wirken erstreckt sich auf die traditionellen Gebiete des internationalen Privatrechts wie auf die sich erst entwickelnden Disziplinen des internationalen materiellen Privatrechts, des internationalen Handelsrechts und des transnationalen Rechts.
Seine 1977 an der Akademie für internationales Recht in Den Haag gehaltenen Vorlesungen gelten als grundlegender Beitrag zur Theorie und Methodik des internationalen Privatrechts. Er zeigt iher eine Meisterschaft der Synthese, die nur möglich ist und glaubhaft wirkt, wenn der Wissenschafter sich bemüht, das weite Gebiet des internationalen Privatrechts auch als aufmerksamer Praktiker und betroffener Bürger zu überblicken. Professor Lalive beteiligte sich an der Ausarbeitung des Schweizerischen Bundesgesetzes von 1987 über das internationale Privatrecht; mit Wort und Tat setzte er sich für die Anwendung der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit ein; in den Forschungen über die Anwendung des ausländischen öffentlichen Rechts spielte er eine Pionierrolle, wobei er früher als andere Juristen die Tragweite der Entwicklung der transnationalen Beziehungen und die Notwendigkeit erkannte, systematisch die Komplexität der Probleme zu untersuchen, die sich aus der internationalen Ausweitung der Aktivitäten des modernen Staates wie auch des Privatsektors und deren lnteraktionen ergeben.
Beispielhaft für die weitgestreuten Interessen Professor Lalives sind der Vorsitz des juristischen Fachausschusses des INTELSAT sowie die von ihm angeregten Kolloquien über die juristischen Aspekte des internationalen Kunsthandels. Sie sind bezeichnend für seine intellektuelle Wissbegierde und für sein Bemühen, aufgrund von Fallstudien die koordinierende Rolle zu bestimmen, die das internationale Privatrecht in den verschiedensten Tätigkeitsfeldern der internationalen Gemeinschaft auszuüben hat.