Sitz: Schweiz
Stiftung Terre des hommes – Kinderhilfe weltweit
Balzan Preis 2018 für Humanität, Frieden und Brüderlichkeit unter den Völkern
Die Kinderhilfsorganisation Terre des hommes wurde 1960 in Lausanne vom Schriftsteller Edmond Kaiser gegründet. Anstoß gab der Unfalltod seines zweijährigen Sohnes. Kaiser war eine sehr engagierte Persönlichkeit. Während des Zweiten Weltkriegs nahm er aktiv an der Résistance teil. Die Ziele von Terre des hommes waren schon damals die Förderung der Kinderrechte, die Bekämpfung der Ausbeutung von Kindern und Entwicklungshilfe, um ihnen eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Heute existieren mehrere rechtlich unabhängige Organisationen unter der Schirmherrschaft der Internationalen Föderation Terre des Hommes.
Die Stiftung Terre des hommes mit Sitz in Lausanne wird im Jahr 2020 ihr 60-jähriges Bestehen feiern. Die Internationale Kinderrechtskonvention ist nach wie vor der Grundpfeiler ihrer Aktivitäten. Der Zugang zur Justiz, der Schutz von Kindern, die Opfer von Konflikten sind, die Bekämpfung der schlimmsten Formen von Ausbeutung, der Zugang zur medizinischen Versorgung und die psychosoziale Unterstützung von bedürftigen Kindern weltweit sind die wichtigsten Tätigkeitsbereiche von Terre des hommes. Die Wirkung und die Nachhaltigkeit der in diesen Bereichen unternommenen Anstrengungen hängen von der Anerkennung der Kinderrechte und von der aktiven Mitwirkung von Gemeinschaften und Regierungen ab.
Heute werden mehr als drei Millionen Kinder und ihre Angehörigen in über 45 Ländern, auch in sehr schwer zugänglichen Gebieten, durch die Programme von Terre des hommes für Gesundheit, Kinderschutz und Nothilfe erreicht. Trotz internationaler Verpflichtungen und Anstrengungen zur Senkung der Mütter- und Kindersterblichkeit sterben pro Jahr weltweit immer noch 2,6 Millionen Neugeborene und 300 000 Mütter. Hinzukommen 2,6 Millionen Totgeburten. Eine im Juni 2018 in Lancet Global Health veröffentlichte Studie zeigt, dass 76 Prozent der in Mali bei der Geburt auftretenden Todesfälle auf eine schlechte medizinische Versorgung zurückzuführen sind. Die meisten dieser Leben könnten durch eine verstärkte Schulung des Pflegepersonals gerettet werden. Aus diesem Grund hat Terre des hommes weltweit perinatale Gesundheitsprojekte in Gegenden mit extrem schwierigen Ausgangssituationen, auch in ländlichen und abgelegenen Gebieten, für die bedürftigsten Menschen entwickelt.
Mithilfe des Balzan Preises wird Terre des hommes ein SIMSONE1 genanntes Projekt in grossem Umfang weiterverbreiten können. Es handelt sich um eine mobile Simulationseinheit für Geburtshilfe und die Grundversorgung von Neugeborenen, die sich in der Pilotphase von Oktober 2016 bis Oktober 2017 im Gesundheitsbezirk Macina in Mali bewährt hat. Die erste mobile SIMSONE-Einheit, bestehend aus zwei Hebammen, hat in einem Jahr 68 Pflegekräfte in 21 Gesundheitszentren geschult. Das Niveau der praktischen Leistungen des Pflegepersonals aller betreuten Gesundheitszentren stieg eindrücklich von 37,4 auf 82,8 Prozent an. Alle elf geübten wichtigen Handgriffe werden mittlerweile von rund 90 Prozent des Pflegepersonals der verschiedenen Entbindungsstationen korrekt ausgeführt. Eine unabhängige Evaluation des Projekts durch das Swiss Tropical and Public Health Institute bestätigt den Erfolg der SIMSONE-Methodik bei der Senkung der Sterblichkeitsrate und beim Schutz des Lebens von Neugeborenen und Müttern und befürwortet eine Ausbreitung der Methodik in größerem Umfang.
SIMSONE wird von Terre des hommes vom Bezirk Macina aus auf die gesamte Region Ségou ausgedehnt werden. 700 Pflegekräfte sollen in 200 Gesundheitszentren dieser Region geschult werden, die jährlich beinahe 67 000 Geburten zählt. Terre des hommes wird sich mindestens einmal pro Monat in jedes Gesundheitszentrum begeben, um dort die für die Entbindung zuständigen Pflegekräfte zu schulen. Man schätzt, dass SIMSONE jeden Monat 150 Neugeborene vor dem Erstickungsrisiko bei der Geburt retten sowie 80 unter postpartaler Blutung leidende Mütter erfolgreich behandeln kann. Bei der geografischen Ausweitung des Projekts wird die Schulung durch ein neues Modul verstärkt werden, das die zweite Ursache der Müttersterblichkeit bekämpft, die Eklampsie, eine hypertensive Erkrankung in Zusammenhang mit der Schwangerschaft. In Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden kann SIMSONE in Mali, aber auch in anderen Ländern dank eines Schulungshandbuchs und einer Online-Anwendung zur Bewertung der Fähigkeiten von Fachkräften vor und nach ihren Eingriffen repliziert und in großem Umfang umgesetzt werden.
1 SIM für Simulation / SONE für Soins Obstétricaux et Néonataux Essentiels (Geburtshilfe und Grundversorgung von Neugeborenen)